Donnerstag, 21.08.2014
Gleich am Morgen lauert uns der Geophysiker wieder auf und begrüßt uns mit einem „Stakan” Wodka. Heppo und ich finden eine Ausrede, doch Tom und Matthias müssen daran glauben. Auf die Freundschaft: „Druschba“!
Tom wird uns noch ein Stück begleiten, bis kurz vor Osh.
Eigentlich wollten wir uns noch einmal mit den Österreichern treffen, aber sie sind schon ein Stück weiter Richtung Tadschikistan gefahren. Osh, die zweitgrößte Stadt Kirgistans, war ihnen und der drei Monate alten Hündin zu stressig.
Die Stadt an der usbekischen Grenze ist auch für uns ein kleiner Schock nach den Wochen der Ruhe in den Bergen. Hier wird angeblich das aus Afghanistan kommende Heroin und Opium in Richtung Europa und Asien weiter verteilt. Davon bekommt man zwar als Tourist nichts mit, allerdings ist es schon etwas komisch, dass sich hier acht Meter lange Hummerlimousinen durch den dichten Verkehr schieben. Es gibt Bars, Restaurants, Betrunkene, Obdachlose, einen gigantischen Basar, ein Autoschrauberviertel, Hupkonzerte und … und … und… . Wir sind erst einmal komplett überfordert, als wir kurz vor Sonnenuntergang ankommen. Leicht panisch werden wir nach längerem Suchen schließlich fündig. Wir dürfen uns für 200 Som pro Nacht auf den bewachten Parkplatz des Hotels De Luxe stellen und dort im Auto übernachten. Toilette inklusive.
Auf der Suche nach Essen treffen wir auf eine nette Gruppe aus Russland. Wir haben die acht Reisenden aus Moskau, Sankt Petersburg und Vladimir schon einmal am Tag zuvor unterwegs getroffen. Sie sind eine lustige Truppe, zwischen 20 und 48 Jahre alt und so unterschiedlich, wie man nur sein kann: Olga ist eine redselige Kostümbildnerin, ihr Freund ein Computer”nerd”, der für die Atomindustrie (u.a. auch für den Iran und China!) programmiert, Andrej der Älteste ist ein selig grinsender zotteliger Kiffer, der nächste Segellehrer, usw. Sie verbindet die Liebe zur Folkmusik und zum Reisen. Mit ihrem 30 Jahre alten Russenbus, namens “Mariansche” fahren sie gemeinsam auf Festivals und nun schon zum zweiten Mal durch die Länder der ehemaligen Sowjetunion. Ihr Auto klappert und raucht und droht jeden Moment auseinander zu fallen. Sie bitten uns an ihren Tisch und freuen sich, uns wiederzusehen. Im Apartment, das sie gemietet haben, servieren sie uns Wassermelonen und Wodka…
Freitag, 22.08.2014
Die netten Russen holen mich am Morgen für einen Bummel auf dem Markt ab. Der Zufall will es, dass ihr Bus gleich hinter dem Hotel DeLuxe in einer Werkstatt repariert wird. Meine Jungs lasse ich zurück. Sie haben mir frei gegeben (nett von ihnen!), während sie bei vierzig Grad den Kühler ausbauen. Dieser leckt Wasser.
Der Markt ist riesig, und ich verliere sofort die Orientierung. Ich bleibe meinen neuen Freunden mit der Großstadterfahrung dicht auf den Fersen. Ich frage mich, wie sie es schaffen, in dem Gassengewirr den Überblick zu behalten. Mann, ich brauche dringend ein kleines Geschenk für Heppo, der hat übermorgen Geburtstag! Aber ich bin fast überfordert, obwohl es hier eigentlich alles gibt, was das Herz begehrt, sogar Kunsthandwerk aus der Region und nicht nur Chinaware.
Als ich zurück komme, wuchten Heppo und Matthias gerade unseren Kühler in ein Taxi. Er hat einen Riss und muss gelötet werden. Ich fahre zusammen mit Heppo in ein Autoschrauberviertel von schwindelerregenden Ausmaßen. Wir haben Glück, obwohl Freitag ist und damit muslimischer Feiertag, hat der „Radiator“-Spezialist noch geöffnet. Er verspricht uns, den Kühler innerhalb von zwei Stunden zu reparieren. Wir haben also etwas Zeit, uns umzusehen. Aus Containern wird alles rund um das Thema Auto verkauft. Dazwischen gibt es Essenstände, an denen die allgegenwärtigen Kartoffeltaschen verkauft werden. (Die heißen hier „Samsa“ oder „Manti“). Die Lautsprechern der Moschee übertragen die Predigt des Imams in voller Lautstärke. Unablässig strömen die Gläubigen herbei, um wenigstens noch kurz ihre religiösen Pflichten wahrzunehmen. Langsam wird es wirklich exotisch. Tom, der Belgier, meinte, die Gegend erinnere ihn schon ziemlich an Usbekistan.
Punkt zwei Uhr ist der Kühler dann auch tatsächlich fertig und ein Taxi für die Rückfahrt organisiert…
Sa, 23.08.2014
Wir haben über das CBT in Osh ein Pferdetrekking gebucht. Am Mittwoch geht es los. Wir werden fünf Tage an der tadschikischen Grenze im Alai-Gebiet reiten. Das ist dann übrigens schon der Pamir. Zwei Übernachtungen im eigenen Zelt sind dabei und zwei Übernachtungen in Jurten, inkl. Verpflegung. Mit von der Partie sind ein „Guide“ und ein „Horseman“. Ich bin ja schon so gespannt. Aufregung!
Am Nachmittag schlendern wir noch einmal über den Markt, der sich über mehrere Kilometer am Fluss entlang erstreckt. Wir sehen die Textil-, die Möbel-, die Teppichabteilung, den Bereich, in dem nur Nüsse verkauft werden, die Obst- und Gemüsehalle, usw. . Der Markt ist so groß und so bekannt, dass sogar ein Markt in Bischkek nach diesem benannt ist. So macht sogar mir Einkaufen Spaß. Ich bin nämlich eigentlich ein totaler Shoppingmuffel.
Matze und ich finden lustige Geschenke für Heppo, ein Kirgistan T-Shirt, chinesische Unterhosen mit witzigen Aufdrucken wie „United Tates of America“ und „Walenki“, also Filzhausschuhe. Dazu noch ein Kilogramm Schokokekse. Das sollte passen.
Wir verlassen noch am späten Nachmittag die Stadt, da es dort viel zu heiß und stressig ist und fahren bis kurz vor Gülchan. Dort soll es einen „Kurort“ mit heißen Quellen geben. Wir kommen aber erst nach Einbruch der Dunkelheit an und sind ein bisschen enttäuscht. Wir hatten uns so was Verschlafenes vorgestellt wie in Ilii-Suu. Aber der Kurort liegt direkt an der Straße und es handelt sich, so weit wir im Dunkeln sehen können, wohl um eine große Anlage. Aber warten wir mal ab bis morgen.
Sonntag, 24.08.2014
So schlecht ist der Kurort dann doch nicht. Streng nach Geschlechtern getrennt, hat man Zugang zu einer Sauna, einer Dusche mit kaltem und warmen Wasser und einem Schwimmbad. Über den Schimmel an der Decke muss man großzügig hinwegsehen. Wir beginnen den Tag auf jeden Fall porentief rein.
In Gülchan ist Markt. Der Ort wirkt nun bei Tageslicht doch recht verschlafen. Vor Tadschikistan haben wir aber hier das letzte größere Dorf, mit Bank, Tankstelle und Geschäften. Wir treffen die Radfahrerin Barbara aus Österreich, die bereits seit drei Jahren mit dem Drahtesel unterwegs ist. Optisch und ausrüstungsmäßig ist sie ungefähr das weibliche Pendant zu Tom, dem belgischen Radler. Sie war mit dem Rad schon in Nord- und Süd-Amerika und kommt nun aus China. Sie erzählt uns, dass man auch problemlos auf Segelbooten mitfahren kann – quasi Hitch-Hiking auf dem Meer. Sie ist nun auf dem Heimweg. Nächstes Jahr im Juni möchte sie zu Hause sein. Wow, wir sind beeindruckt.
Am Fluss Gülchan finden wir einen ruhigen Stellplatz. Na, so haben wir uns das zumindest ausgedacht. Wir hatten aber nicht mit der marodierenden Kinderbande gerechnet, die uns nun belagert. Eins bis drei sind ja ganz nett, aber zehn auf einmal??? Terror! Da wir gerade Unmengen vegetarischer Burger und Pommes am Lagerfeuer kochen, füttern wir ein paar der Kinder gleich mit. Es schmeckt ihnen gut und uns auch. Wir haben ein neues Hobby: Frittieren am Lagerfeuer im Dutch-Oven. Das geht super und ist irre lecker.
Alles Gute zum Geburtstag Heppo!
Montag, 25.08.2014
Ab sieben Uhr belagern uns die Kinder. Es sind noch mehr geworden. Heppo stürzt brüllend aus dem Laster, als die Lausbuben die Leiter aufs Dach erklimmen wollen. So haben wir vorerst eine Stunde Ruhe um zu frühstücken. Doch dann steht der ganze Haufen wieder da. Die Mädchen betteln um Schokolade und Armbänder, die Jungs sind etwas zurückhaltender, verfolgen uns aber ebenfalls auf Schritt und Tritt: „Hello, what’s your name?“
Wir entscheiden uns zur Weiterfahrt. Die Kinder gehen uns auf die Nerven. Wir sind aber selber schuld. Heppo hatte gestern in einem Anfall von Großzügigkeit und Geburtstagslaune Schokowaffeln verteilt. Da spricht ja im Prinzip nichts dagegen, aber so wird Bettelei unterstützt – und jeder Tourist als potentielle Melkkuh angesehen. Ich persönlich finde es auch nicht so gut, dass Kinder zu fremden Erwachsenen in das Auto steigen. In Agadir, Marokko, wo käuflicher Sex ein gut gehendes Business ist, holen europäische Männer kleine Jungs und Mädchen für ein paar Stunden gegen Schokolade und Geld zu sich in den Wagen. Wahllos mit Bonbons, Schokolade, Geld und kleinen Geschenken um sich zu werfen, ist von daher sicher keine gute Idee.
Dienstag, 26.08.2014
Weil heute nichts Spannendes geschieht, hier ein kleiner Auszug aus unserer To-Do-Internet-Recherche-Liste.
Wer will, darf gerne mitsuchen oder (noch besser) eigenes Wissen beisteuern und uns die Ergebnisse schicken bzw. als Kommentar hinterlassen. Ich bekomm’ so wenig Feedback für meinen Blog… Schnüff!
1. Was tun wenn der Hund drüst?
2. Wie schneidet man Hundekrallen?
3. Bei welcher Temperatur kocht Wasser, wenn man auf 4000 Meter ist? Gibt es da eine Formel?
4. Wie heiß darf eine Trommelbremse werden (Maximaltemperatur)?
5. Muss man sich in Tadschikistan registrieren lassen?
6. Was sind die aktuellen Dieselpreise in Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan?
7. Wie ist die aktuelle politische Lage im Pamir, Tadschikistan?
8. Internationale Grenzübergänge Tadschikistan – Usbekistan?
9. Ist die Einreise nach Kasachstan für deutsche Staatsbürger seit neuestem wirklich Visumsfrei? Gerüchte behaupten dies.
10. Wie beugt man als Reitanfänger einem schmerzenden Hintern vor? Tipps und Tricks.
Letzteres aber bitte schnell. Morgen reiten wir los 🙂
Weiter lesen: Pferde Trekking im Allai Tal
Und das war zuvor: Son Kul
hey friends
immer wieder schön bei euch zu lesen und zu staunen wo ihr überall rumkommt…
ich bin inzwischen die 3te woche in turkey auf colombine, laß mir gutgehen mit Unterbrechungen für Reparaturen und Schnickschnack. morgen fahr ich mit sultan-canim zu 7inseln für 2tage und freu mich schon sehr auf diesen Ausflug. heppl dein Geburtstag hab ich wohl verpasst….ois gute im Nachhinein:-)))
bis denen dann
chris
Huhu Chris,
schön von Dir zu hören. Lass es Dir gutgehen in der Türkei. Und immer schön Wind in den Segeln, gell!
Sag mal, kennst Du irgendwelchen alternativen Projekte in der Türkei?
Würden ja den Dezember und Januar gerne dort verbringen und eine Anlaufstelle haben.
Evtl. Wwoofing, oder ne Community, oder ein Ökodorf, oder einfach nur nette Leute zu denen man sich dazu stellen kann.
Magste Dich mal umhören? Oder weiß dein Bruder was?
Bussis und Grüße (immer noch aus Kirgistan) von den BuHuS