Die Nacht war kurz, mir brummt der Schädel von der Tirolermischung.
Ich habe seltsam geträumt von einem dunklen, samtigen Raum. Man reicht mir goldene Rosen, unsere Freunde vom Wagenplatz sind da, festlich gekleidet, es sieht aus wie bei einer Seance um die Jahrhundertwende. Es geht um einen Kampf, einen Kampf gegen Geister. Die Stimmung ist gespannt. Ein unsichtbarer Geist greift mich an der Hand und versucht, mich von der Gruppe wegzuziehen. Ich beginne mit geisterhafter Stimme zu wimmern. Meine Freundin Kathi zieht an meiner anderen Hand, und ich finde wieder zu mir, zu meiner eigenen Stimme – und ich singe!!!
Nach einem gemeinsamen Frühstück verabschieden sich Nici und Tom und fahren weiter Richtung Süden. Wir sind wie immer trödelig und gehen erst noch an den Strand, wo Sidi Spaß mit Sand und Meer hat. Erst jetzt erinnere ich mich wieder an meine Kreditkarte. Nachdem alles durchsucht ist, muss ich feststellen: Die Karten und der Führerschein sind verschwunden. So ein Mist. Ich lasse gleich die Karte sperren. Wenigstens wurde kein Geld abgebucht!
Wir fahren weiter nach Chefchaouen, wo wir am gleichen Platz am Campingplatz stehen wie letztes Jahr. Das ist ein komisches Gefühl! Eben noch Winter in der Oberpfalz und jetzt 20 Grad in Chefchaouen, der schönsten Stadt im Rif. Irgendwie seltsam.
Es ist der 23.12.: Heppo spricht mit einem Rastamädel aus der Schweiz. Ich bin antisozial, wasche Wäsche und denke düster über meinen Traum nach, der aber eigentlich gar nicht so schlecht ist. Meine Deutung: Sich nicht fremdbestimmen lassen / nicht vom Geist (Kopf) bestimmen lassen / zu seiner eigenen Stimme finden (aus dem Bauch, dem Herzen heraus)/ mit einer Gruppe von guten Menschen im Hintergrund.
Am Nachmittag gehen wir auf den Berg, leider vorbei an der Müllkippe, wo es nach Verwesung riecht.
Abends wagen wir uns runter in die Stadt. Der Weg führt durch den Friedhof, steil bergab. Hinter dem Stadttor: Mittelalter und Orient! Routiniert erledigen wir unsere Einkäufe: Teekessel, Gemüse, Olivenöl und Brot.
Weihnachten.
Wir öffnen die hintere Flügeltür unseres Lasters und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen: Wir haben ein Null-Weihnachtsgefühl. Am Nachmittag spazieren wir wieder auf den Berg, diesmal in die andere Richtung,vorbei an Straßenarbeitern. Einer fährt mit dem Bagger an uns vorbei, laut arabische Popmusik hörend. Der Bagger schwankt wie ein Kamel. Am Nachmittag: Weihnachtsanrufe bei den Eltern, die sich freuen, von uns zu hören. Am Campingplatz setzen wir uns mit einem jungen Pärchen (Berliner Kennzeichen) zusammen: Chalou und Nylo, die bereits seit März unterwegs sind und langsam durch Frankreich und Spanien reisten. Die beiden sind sehr jung und nett, und wir öffnen einige unserer abgezählten Bierdosen. Weihnachten in Marokko.