Achtung, hier wird’s böse:
Seltsames Volk, das mit Caravan, Allrad-, Expeditionsfahrzeug und Möbellastern reist.
Da fällt zuallererst die riesige Gruppe der französischen Rentner auf, die mit ihren Hymern und anderen Wohnmobilen den Winter in Marokko verbringt. Frankreich muss ziemlich leer sein um diese Jahreszeit! Bevorzugter Aufenthaltsort der in Massen auftretenden Campingmobile ist ein Platz am Meer, vorzugsweise bei Agadir, meist in gefängnisartiger Kasernierung auf rechtwinkligen Campingplätzen parkend (abschreckendes Beispiel Aglou Plage). Die Nähe zu Agadir ist wegen der Einkaufsmöglichkeit von Alkohol (Supermarkt Marjane) unabdingbar. Abgeschottet von Marokko und Marokkanern, durch Stacheldraht und Alarmanlagen, halten die Herrschaften ihre Bäuche in die Sonne und ihre Weingläser stets gut gefüllt.
Nicht zu übersehen ist auch die Allradfraktion, zu der auch wir gehören. Meisten sind dies Deutsche (gerne mit Mercedes) oder Österreicher mit Ihren Steyr Expeditionsfahrzeugen. Hier wird gerne verächtlich auf die Joghurtbecher (weiße Wohnmobile) herabgeblickt. Man fühlt sich viel individueller und cooler. Man kommt soeben aus der Wüste und ist eine vielbefahrene Piste entlang geheizt und der Innenausbau ist auch nicht von der Stange. Der Allradfahrer ist der Typus “Abenteurer” und zeigt dies auch gerne durch abgetragene Outdoorkleidung und ausdrucksstarke Accessoires am Fahrzeug, wie Expeditionskisten, Sandbleche, Seilwinden und eine Enduro. Steht man zufälligerweise doch am selben Platz wie die Standardwohnmobile, dann wird mit anderen Gleichgesinnten laut über die Massentierhaltung gelästert. Die Allradfraktion findet sich gerne zu Wagenburgen und Konvois zusammen – betont aber trotzdem immer den Individualcharakter ihrer Reisen.
Eine Untergruppe der Allradfahrer sind die offensichtlichen Millionäre, die mit Ihren Actionmobilen und anderen Eigentumswohnungen Urlaub in der Dritten Welt machen. Protzig steht dann so ein Wunderwerk der Technik, mit mehreren ausziehbaren Schüben und – je nach Sonneneinfall – sich selbst ausrichtenden Solarzellen am Strand. Die ärmlichen Fischerhütten nebenan versinken vor Scham in der nächsten Flutwelle, was den Actionmobilbesitzer aber nicht stört, denn der Amphibienfahrzeugmodus ist schnell aktiviert. Für kleinere Exkursionen wird aus dem Anhänger der Mini oder Smart geholt oder für etwas mehr Action das Quad. Sonst ist der Millionärstyp ein durchaus umgänglicher Zeitgenosse – wenn man ihn denn mal zu Gesicht bekommt, denn meistens verschanzt er sich in hinter seinen Fenstern aus Panzerglas.
Die jungen Franzosen aus der Punk- und Technoszene sind vorzugsweise in weißen Möbellastern unterwegs. Zum Ärger der Allradfraktion kommen die Möbellaster auch ohne Allrad fast überall hin. Wie die das machen, weiß keiner so genau. Gerne tritt die wilde Horde in größeren Gruppen auf und versetzt durch martialisches Auftreten, dem Besitz unzähliger Hunde und Freetekno alle anderen in Angst und Schrecken. Beim Blick in die Lastwagen verraten dann aber weiße Einbauküchen einen Hang zum Spießertum. Aber wie soll es auch anders sein, schließlich sind dies die Kinder der französischen Rentner… siehe oben…
PS: Der VW Bus scheint fast ausgestorben. Oder sind die alle in Indien?